Wien - Die Stadt des Jugendstils
Exkursion im Rahmen des Seminars
Was unternimmt man da, wenn man berücksichtigt, dass vom Zeitbudget noch zwei Mal fünf Stunden für Hin- und Rückfahrt mit der Bahn weggehen?
Nachdem die Maximilian-Kolbe-Schule keine Eventagentur mit angeschlossenem Reisebüro ist, sind wir ohnehin mit Ziel auf dem Weg zum Ziel. „Wir“, das ist das Seminar fin de siècle (frz. für Ende des Jahrhunderts) interessieren uns für die Zeit zwischen 1890 und 1914. Ganz allgemein gesprochen, geht es um die Befindlichkeit in Europa um die Jahrhundertwende und vor dem 1. Weltkrieg.
Wen und was auch immer man da in den Blick nimmt, Maler, Psychologen, Literaten – jedes Mal fällt der Name der österreichischen Hauptstadt. An Wien kommt man nicht vorbei.
Entschieden haben wir uns letztlich für folgende Stationen:
Die Berggasse 19, wo sich das Sigmund-Freud-Museum befindet. Es gewährt Einblicke in die authentischen Wohn- und Arbeitsverhältnisse des Begründers der Psychoanalyse. Das original eingerichtete Wartezimmer und der Behandlungsraum, in dem Patienten ihr Seelenleben offenbarten, sind ebenso zu besichtigen wie gleich nebenan die Privatwohnung, sodass die enge Verbindung von Berufs- und Familienleben deutlich wird. Einschätzen lernt man so auch die Auswirkungen der Psychoanalyse auf Kunst und Gesellschaft.
Die Adresse Fritz-Grünbaum-Platz 1 wird wenigen etwas sagen. Dabei gehört das Haus des Meeres – Acqua Terra Zoo zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Knallbunte Fischschwärme erwartet man, Reptilen, Vögel und Affen eher weniger. Doch auch sie gibt es in einem 20 Meter hohen Tropenhaus zu bestaunen. Das spezifisch Wienerische sind indes nicht die „Insassen“, sondern die location, wie es neudeutsch so schön heißt: Untergebracht sind die riesigen Wassertanks in einem ehemaligen Flakturm. Im letztlich vergeblichen Versuch, alliierte Bomberströme im 2. Weltkrieg abzuwehren, wurde die massive Struktur als Stützpunkt von Flakartillerie und Radar 1943/44 in den Esterházypark betoniert. Heute tummeln sich dort, sehr friedlich, 600 Tierarten, verteilt auf elf Etagen und ermöglichen dem Interessierten faszinierende Einblicke.
Weiter geht es in die Friedrichstraße 12. Dort steht das sprichwörtliche Mutterhaus des Wiener Jugendstils, genannt Die Secession, das Vereins- und Ausstellungsgebäude der gleichnamigen Vereinigung bildender Künstler. Mit seiner vergoldeten Kuppel ist es der Elton John unter den Gebäuden – dezent geht anders. Gustav Klimts Beethovenfries füllt einen eigenen Raum im Erdgeschoss und erzählt in sehr eindrücklichen allegorischen Bildern von Sehnsucht und Glück wie von Leid und Tod gleichermaßen.
Nächster Treffpunkt ist vor dem Otto-Wagner-Stationsgebäude der U4-Station in der Kettenbrückengasse. Keine Städtetour ohne Stadtführung! In unserem Fall wird die angeboten von WIENFUEHRUNG – Wien für kluge Leute. Da bucht man doch augenzwinkernd gerne. Thema ist natürlich Wien um 1900 - Kunst und Gesellschaft. Eineinhalb Stunden lang bringt uns Dr. Alexander Stollhoff gleichermaßen kompetent wie humorig und mit viel Wiener Charme Personen, Gebäude und Ereignisse nahe.
Nicht zuletzt der Kunst wegen sind wir gekommen, daher stehen noch zwei weitere Adressen auf der Liste: Zunächst am Museumsplatz 1 das Leopoldmuseum. Die ursprünglich von einem Wiener Augenarzt begründete Sammlung, heute 5.000 Werke und rund 8 Millionen Euro schwer, umfasst einige der bekanntesten Gemälde von Egon Schiele, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, aber auch Möbel und Designobjekte. Wer sich angesichts einer Ausstellungsfläche von 5.400 Quadratmetern sagt, das müsse wohl reichen, unser Kunstinteresse zu befriedigen, der kennt uns nicht.
Kaum draußen, geht es weiter zum Albertinaplatz 1, wo die namensgebende Albertina angesiedelt ist, eine Grafiksammlung von Weltruf. 65.000 Zeichnungen und rund eine Million druckgrafischer Werke sind schon eine Hausnummer. Die Riege großer Namen geht nahtlos weiter. z.B. mit Paul Cézanne oder Pablo Picasso.
So findet die vom Wiener Arzt Dr. med. Sigmund Freud verordnete 3-Tages-Therapie, in situ, hochdosiert, ihren Abschluss. Schön war's!
Fotos: Samantha Schönlein, Roman Schieder / Text: OStR Roman Schieder